Niemand hat die Absicht hier einen Bungalow zu genehmigen

Menschen mit einem Alter über 60 Jahren haben meist wenig Lust Treppen zu steigen, wenn sie bereits behindert sind.  Wir verfügen über ein großes Grundstück und hätten aus verständlichen Gründen gerne einen Bungalows gebaut, zumal auf dem Nachbargrundstück bereits ein Bungalow errichtet ist. Vorsichtshalber haben wir aber   eine „Bauvoranfrage“ beantragt,  die klären sollte, ob die Bauaufsicht diesen Haustyp zulässt. Wir erhielten nach 3 Monaten und 4 Tagen die Ablehnung, obwohl es hier nur um  eine grundsätzliche Frage ging.  Die örtliche Verwaltung hatte nichts einzuwenden, wurde aber durch das übergeordnete Bauaufsichtsamt überstimmt. Der bereits vorhandene Bungalow sei eine „städtebaulichen Ausnahme“, die keine Wirkung zur „Maßstabsbildung“ hätte. Wir sind natürlich enttäuscht , da weitere Kosten (Aufzug oder Treppenlift) entstehen und fragen uns, wo  Bungalows eigentlich gebaut werden dürfen. Auf jeden Fall wäre es möglich gewesen für den Bungalow zu entscheiden, zumal wir in einer nahe gelegenen Strasse einen neu gebauten Bungalow entdeckt haben. In dieser Straße gibt es nur „Satteldächer“, aber hier hat das Bauaufsichtsamt Leipzig die Zuständigkeit und nicht – wie bei uns – die Bauaufsicht Leipzig-Land. Man wäre hier versucht zu sagen „Stadtluft macht frei“ -er.

In Berlin  (Bevölkerungszuwachs  2015  ca. 45.000 und 2016  ca . 60.000 ) werden die Bauherren gegenwärtig zur Vielfalt sogar ermuntert, Hauptsache es wird gebaut, wie auch immer.  In den noch „bezahlbaren“ Baugebieten außerhalb der Zentren findet man alle Haustypen in trauter Eintracht. Berlin hat mittlerweile das größte Wirtschaftswachstum in Deutschland ( 2,7 %) und überschreitet 2021 wieder die Einwohnerzahl vor dem Krieg: 4 Millionen.  Das wird lustig, wenn sich alle um Grundstücke „kloppen“ und wir entspannt singen:

Du bist verrückt mein Kind du musst nach Berlin!
Wo die Verrückten sind, da gehörst du hin!
Du bist verrückt mein Kind, du musst nach Plötzensee. 
Wo die Verrückten sind, am grünen Strand der Spree!

Bauen in Deutschland..
ist nicht einheitlich geregelt. Die Planungshoheit liegt bei den Kommunen. Baugesetzbuch und Landesbauordnung stecken nur den Rahmen ab. Die Gemeinden legen im Bebauungsplan fest, wie wo im Detail gebaut werden darf. Wer sich für ein Grundstück interessiert, sollte zunächst beim kommunalen, beziehungsweise beim Kreisbauamt einen Blick in den gültigen Bebauungsplan für das Gebiet werfen. Die Bebauungspläne sind jedermann zugänglich. Sie regeln alle wichtigen Einzelheiten – angefangen von der Art der Bebauung über Größe, Höhe, bebaubare Fläche und Abstände zum Nachbarn bis hin zur Firstrichtung und zur Höhe der Regenrinne. Zuweilen regelt der Plan sogar, wie die Einfriedung auszusehen hat, oder er wird von einer Gestaltungssatzung flankiert. Die kann etwa Dachfarben festlegen oder vorschreiben, welche Gehölze am Grundstücksrand zu pflanzen sind.

Für Laien ist ein Bebauungsplan schwer verständlich, so dass man einen Bausachverständigen oder Architekten heranziehen sollte. Ein Grund hierfür sind eine Reihe von Abkürzungen und Zahlen, die nicht  selbsterklärend sind. Auflagen könnten sich zum einen durch die Grundflächenzahl (GRZ) und zum anderen durch die Geschossflächenzahl (GFZ) ergeben.

Die Grundflächenzahl besagt, dass die bebaubare Grundfläche nicht größer sein darf als die Grundstücksgröße, multipliziert mit der im Plan angegebenen Grundflächenzahl. Beispiel: Das Grundstück hat eine Größe von 300 Quadratmetern. Bei einer Grundflächenzahl von 0,4 dürfen 40 Prozent der Fläche bebaut werden, also 120 Quadratmeter.

Anders die Geschossflächenzahl. Sie gibt die maximale Geschossfläche in Quadratmetern an und darf nicht größer sein als die Grundstücksgröße, multipliziert mit der Geschossflächenzahl. Beispiel: Das Grundstück ist 300 Quadratmeter groß, es ist eine Bebauung mit zwei Vollgeschossen erlaubt. Bei einer Geschossflächenzahl von 0,6 heißt das: Jedes Geschoss darf 0,6 mal 150 Quadratmeter, also 90 Quadratmeter groß werden.

Weil der Bebauungsplan geltendes Recht ist, kann er nicht umgangen werden. Befreiungen sind kaum zu erlangen, Ausnahmen muß der Plan selbst vorsehen. Viele Bebauungspläne erlauben heute aber immerhin eine Nachverdichtung, das heißt die Bebauung großer Parzellen mit mehreren Reihen- oder Doppelhäusern.

Gibt es für das Wohngebiet keinen gültigen Bebauungsplan, muss das Haus nach Paragraf 34 Baugesetzbuch geplant werden In diesem Fall müssen sich Neubauten nach dem Bestand richten und sich in die nähere Umgebung und die vorhandene Bebauung einfügen. Nicht das Schlechteste für potenzielle Bauherren, die dann oft mehr Freiheiten haben, als ihnen ein alles regulierender Bebauungsplan zugestehen würde.

Viel hängt letztlich vom Bauamt ab. Weil fast jede Kommune an Neubürgern und Neubauten interessiert ist, lässt sich meist eine Einigung erzielen. Freilich ist nicht alles verhandelbar: Wo es nur Satteldächer gibt, hat ein Bungalow schlechte Karten. Den Einzelfall muss die Behörde aber immer abwägen.

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